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15. Juli 2020

SFB proudly presents: transcribe

 

Wie bereits in vielen Blogeinträgen beschrieben, wird im SFB Deutsch in Österreich täglich mit großen Datenmengen hantiert. Allein die Sprachaufnahmen umfassen hunderte Stunden an Material. Um diese Sprachdaten stemmen und analysieren zu können, ist ein gutes linguistisches Transkript, also eine detaillierte Verschriftlichung der Sprachaufnahmen, Voraussetzung. Daher ist das Transkribieren ein integraler Bestandteil unserer Arbeit und die Ausgangsbasis für die weiteren Schritte und somit die zukünftigen Ergebnisse unserer Forschung.

Der SFB beinhaltet viele verschiedene Teilprojekte, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte haben. In diesen Teilprojekten haben die Linguist*innen unterschiedliche Fokusse für die Transkripte, zum Beispiel syntaktische (satzbauliche) oder phonetische (lautliche).

Aufgrund all dieser besonderen Erfordernisse der Teams war schnell klar: Wir brauchen ein Tool, das auf all diese Schwerpunkte Rücksicht nimmt. Ein Tool, das uns eine gute Transkription nicht nur ermöglicht, sondern sogar erleichtert. Dafür wurde von unserem hauseigenen Entwicklungsteam ein speziell für den SFB designtes Tranksriptionstool, transcribe, entworfen. Es eignet sich zum Transkribieren von jeglicher gesprochenen Sprache: Interviews, Konversationen und vieles mehr.

Es ist im Hinblick auf große Teams, große Forschungsgruppen und die daraus resultierenden Besonderheiten entwickelt worden und soll noch innerhalb der Projektlaufzeit für Forscher*innen außerhalb des SFBs zugänglich gemacht werden. In den letzten Monaten der Entwicklung wurden dafür fleißig Daten aus unserer Datenbank in transcribe integriert und das Tool von unseren Mitarbeiter*innen auf Herz und Nieren getestet. Währenddessen waren sie in ständigem Kontakt zum Entwicklungsteam. Feedback wurde auf diese Weise laufend eingeholt und direkt umgesetzt. Die Inputs waren sehr wertvoll, weil hier die tatsächliche Arbeitsrealität der Wissenschaftler*innen in die Entwicklung mit aufgenommen werden konnte. So wurden verschiedene neue Funktionen eingebaut und auch auf individuelle Vorschläge und (Spezial-) Fälle des linguistischen Transkribierens konnte eingegangen werden. Durch diese enge Zusammenarbeit hat transcribe nun eine Abdeckung von komplexen Anforderungen, die uns ein herkömmliches Transkriptionstool nicht bieten könnte.

Was macht transcribe so besonders?

Transcribe ist ein plattformunabhängiges Tool, das überall verwendet werden kann - egal, ob man gerade im Büro, im home office, oder ganz wo anders ist. Es ist von jedem Gerät aus abrufbar und man braucht keine Installation, da man es, wie jede andere Website, über einen Browser abrufen kann.

Es wurde zur leichten und intuitiven Handhabe designt. Wie bei allen Transkriptionen wird mit einer Audioaufnahme gestartet. Das Einfügen der Audiodatei funktioniert ganz einfach über drag and drop. Den Sprecher*innen weist man Spuren zu und man kann aus verschiedenen Transkripttypen, zum Beispiel orthographisch oder phonetisch, wählen. Orthographische Transkripte haben zum Ziel, die Sprache nach der Standardorthographie, also der Schreibweise, die man in Wörterbüchern findet, abzubilden. Ein phonetisches Transkript spiegelt wieder, wie die Wörter von den einzelnen Personen tatsächlich ausgesprochen wurden und wird meist mit den Zeichen des internationalen phonetischen Alphabets geschrieben. Wie oben schon erwähnt, haben die Mitarbeiter*innen innerhalb des SFBs verschiedene Schwerpunkte. Es war bei der Entwicklung wichtig, dass alle Bereiche in denen unsere Linguist*innen tätig sind, abgedeckt werden – damit sowohl die Syntaktikerin als auch die Phonetikerin happy ist! Deswegen lassen sich neben den Transkripttypen auch Spuren für Annotationen, die für die verschiedenen Bereiche zur Kategorisierung notwendig sind, auswählen.

Danach kann man schon mit der eigentlichen Arbeit starten: der Verschriftlichung der Sprachaufnahme. In transcribe gibt es dazu einige features, die das Transkribieren erleichtern. Beispielsweise kann die Abspielgeschwindigkeit angepasst werden und die Shortcuts sind frei wählbar. Die Sprachaufnahme kann man auf zwei verschiedene Weisen darstellen: entweder als Oszillogramm oder als Spektrogramm. In einem Oszillogramm werden die Audiodaten als Wellenform angezeigt. Das ist beim Transkribieren als visueller Anhaltspunkt und zur Orientierung sehr wichtig. Ein Spektrogramm zeigt darüber hinaus die unterschiedlichen Frequenzspektren an, das ist vor allem für akustische Phonetiker*innen von Bedeutung. Unser Entwicklungsteam hat auch eine History integriert, in der der ganze Bearbeitungsverlauf ersichtlich ist und es gibt natürlich eine ausgefeilte Suchfunktion. Besonders praktisch fanden unsere Testuser*innen, dass transcribe eine automatische Fehlererkennung eingebaut hat, die während der Transkription auf fehlerhafte Eingaben aufmerksam macht.

 

Transcribe legt, im Gegensatz zu anderen Transkriptionsprogrammen, Augenmerk darauf, dass es für ein großes Projekt mit vielen Mitarbeiter*innen funktioniert, die gemeinsam Forschung betreiben. Daher war es uns besonders wichtig, auf die multi-user-Tauglichkeit zu achten. Mehrere User*innen können also gleichzeitig an der gleichen Datei arbeiten. Alle Änderungen von allen Benutzer*innen werden behalten – das ist eine ganz wichtige Funktion für unsere Arbeitsweise. Einer Echtzeit-Kollaboration von verschiedenen Standorten aus steht somit nichts mehr im Weg.

 

Darüber hinaus hat transcribe auch eine offline Funktion. Die Änderungen, die man an bereits erstellten Transkripten vornimmt, können ganz einfach lokal abgespeichert werden – dazu wird kein Internet benötigt. So haben wir alles abgehakt, was wir unbedingt brauchen: Wir können es verwenden, wo und wann wir wollen. Auch wenn wir uns beim Erheben in einer Ortschaft mit sehr schlechter Internetabdeckung wiederfinden – transcribe has our backs. Es ist somit sehr flexibel einsetzbar und erleichtert uns das kollaborative Arbeiten.

Transcribe ist in Hinblick auf mögliche Erweiterbarkeit entwickelt worden – wir sind ein großes Team, das sich in den nächsten Jahren noch vielen Herausforderungen im Transkriptionsbereich stellen muss. Nicht alles können wir vorhersehen – deswegen ist es wichtig, dass wir sämtliche Möglichkeiten des Ausbaus für die zukünftige Nutzung von transcribe haben.

Transcribe ist jetzt schon für unsere Arbeit unersetzbar geworden und in puncto Flexibilität und user friendliness kaum zu überbieten. Es beinhaltet drei Kernfeatures, die für unsere Arbeit von besonderer Bedeutung sind: Es ist webbasiert, multi-user tauglich und kann offline verwendet werden. Es spielt alle Stückerl, verfügt über alle Funktionen, die wir brauchen und wurde obendrein auch noch grafisch ansprechend umgesetzt.


Zitation
Kranawetter, Katharina; Graf, Arnold (2021): SFB proudly presents: transcribe.
In: DiÖ-Online.
URL: https://iam.dioe.at/blog/2501
[Zugriff: 08.05.2025]