Warum heißt die Teebutter eigentlich Teebutter?

beantwortet von: Stefan Newerkla

Wie bist du zur (Forschungs)frage gekommen?

Auslöser für die Forschungsfrage waren die verschiedenen kursierenden Erklärungen für den Namen, die ich alle belegen bzw. widerlegen musste. Eine solche Erklärung lautete in der Albertina und bei der Ausstellung "Krone, Schwert & Schaukelpferd – die anderen Habsburger" auf Schloss Halbturn (Féltorony) im Burgenland, in Teebutter wäre die Abkürzung TEE enthalten. Diese stünde für Teschener Erzherzögliche Butter, sei also ein Markenname aus dem Kaiserreich, der sich bis heute gehalten habe.

Für mich Linguisten, der gerne Sprachen vergleicht, wäre das sensationell, weil damit die Begriffe in den Nachbarsprachen der Monarchie falsche Calquierungen wären (eine Calquierung ist eine Lehnübersetzung, bei der die einzelnen Bestandteile eines Wortes jeweils in die andere (Ziel-)Sprache übersetzt werden; so etwas kommt z. B. bei der Schattenmorelle vor, bei der der deutsche Ausdruck Vorbild für die falschen Calques im Tschechischen und Slowakischen etc. ist).

Welche Methode hast du gewählt? Wie bist du an die Frage rangegangen?

Das war insgesamt etwas komplizierter. Zunächst musste ich nach der Quelle dieser Behauptung suchen, und so kam ich zu Marietheres Walbott-Bassenheim, geb. Reichsgräfin von Wickenburg. Baronin Waldbott versicherte mir, Ihr Gemahl Paul hätte die Erklärung (Teebutter stünde für Teschener Erzherzögliche Butter) persönlich von seinem Großvater Erzherzog Friedrich erfahren. Leider könne sie aber keine schriftlichen Belege beibringen, da die meisten schlesischen Unterlagen der Familie bei der Vertreibung verloren gegangen seien.

Das war aber nur eine Spur, insgesamt hatte ich sieben verschiedene mögliche und teils ebenso abenteuerliche Begriffsmotivationen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Deswegen ist der Artikel zur Teebutter schlussendlich auch so beliebt und weit gelesen worden, weil er Stoff für mehrere Romane liefert.

Wie hast du die Daten gesammelt? Wie bist du zu den Infos gekommen?

Die Lösung der Frage ergab sich nach langwierigen Recherchen, viel Literatur-, Zeitungs- und Archivstudium, Internetüberprüfungen, Korrespondenzen mit Firmen, Molkereien, Archiven, Tipps von Kollegen, Interviews u. a. mit Baronin Waldbott-Bassenheim usw., war also insgesamt mit recht großem Aufwand verbunden.

Zu welchen Ergebnissen bist du gekommen? Was ist dabei rausgekommen?

Die Teebutter als Begriff für eine feine Butter ist ein Terminus der Warenkunde, der bis in die Zeiten Österreich-Ungarns zurückreicht. Seit damals unterscheidet der Codex alimentarius Austriacus bei der Butter nämlich unterschiedliche Qualitätsstufen.

Ursprünglich gab es davon fünf: Teebutter erster und zweiter Qualität, Tischbutter, Koch- bzw. gute Einschmelzbutter und mindere Einschmelzbutter.1 Als Terminus Bezeichnung blieb die Teebutter im österreichischen Lebensmittelkodex bis heute erhalten. Sie bezeichnet dabei die höchste Güteklasse 1. Diese Butter muss einen mild-säuerlichen Geschmack bei Sauerrahmbutter bzw. einen Obersgeschmack bei Süßrahmbutter aufweisen. Für die Herstellung darf nur Milch oder Milchrahm verwendet werden. Als Güteklasse 2 folgt die Tafelbutter, die bereits leichte Geruchs- oder Geschmacksfehler aufweisen kann. Die niedrigste Güteklasse 3 bildet heute die Kochbutter, die außer zum Kochen auch zur Herstellung von Butterschmalz und Butterreinfett verwendet wird. In der Bundesrepublik Deutschland werden hingegen als Qualitätsstufen die Markenbutter und die Molkereibutter, in der Schweiz die Vorzugsbutter und die Käsereibutter unterschieden. Alle anderen gängigen Bezeichnungen wie Almbutter, Anken, Bauernbutter, Fasslbutter, Frühstücksbutter, Grasbutter, Landbutter, Primina, Sennereibutter, Sommerbutter usw. benennen keine eigenen Qualitätsstufen.2

Angesichts dieser historischen Gegebenheiten ist es nun nicht weiter verwunderlich, dass wir im genannten Areal natürlich auch in den anderen Sprachen auf diesen Begriff stoßen, und zwar als tschechisch čajové máslo, slowakisch čajové maslo, ungarisch teavaj, slowenisch čajno maslo, bosnisch-kroatisch-serbisch čajni maslac. Der bislang älteste, zugleich dokumentierte und verifizierbare Beleg für den Begriff Teebutter stammt aus dem Jahr 1891, und zwar auf Tschechisch als čajové máslo.

Und woher stammt nun das Wort „Teebutter“?

Der bislang älteste deutsche Beleg in den Quellen geht als Theebutter (sic!) auf das Jahr 1894 zurück, der älteste ungarische Beleg als teavaj auf das Jahr 1897. Die Motivation für den Begriff Teebutter kann weder mit einer konkreten namengebenden Person noch einer konkreten namengebenden Institution in direkte Verbindung gebracht werden. Sie hängt im Deutschen wohl ursächlich mit dem Umstand zusammen, dass extrafeine Genussmittel, die traditionell zum Tee gereicht wurden, auch nach dem Getränk benannt wurden. Die hochfeine Süßrahmbutter kam so zu ihrem Prädikat Teebutter, das als Bezeichnung der ersten Qualitätsstufe für Butter (heute egal ob aus Süß- oder Sauerrahm) in Österreich bis dato Verwendung findet.

Literatur

1 Codex alimentarius Austriacus. III. (Schluss-) Band, Wien (k. k. Hof- und Staatsdruckerei) 1917, S. 110.

2 Newerkla, Stefan Michael: Teebutter, Teewurst, Thea und der Tee. ÖGL – Österreich in Geschichte und Literatur (mit Geographie), 52. Jahrgang 2008, Heft 4-5a, S. 240.

Beantwortet hat diese Frage:

Univ.-Prof. Mag. Dr. Stefan Newerkla

Er leitet die Teilprojekte „Deutsch im Kontext mit den anderen Sprachen im Habsburgerreich (19. Jahrhundert) und in der Zweiten Republik Österreich“ (PP05) und „Deutsch und slawische Sprachen in Österreich: Aspekte des Sprachkontakts“ (PP06).
Seine Forschungsschwerpunkte liegen u. a. im Bereich der westslawischen Sprachwissenschaft, der Kontaktlinguistik und historischen Soziolinguistik sowie des Schulwesens und Sprachunterrichts in der Habsburgermonarchie. Seit 2009 Ko-Vorsitzender der Ständigen Konferenz österreichischer und tschechischer Historiker zum gemeinsamen kulturellen Erbe (SKÖTH).