Woher kommt das Wort „Baba“
und welche Bedeutung(en) hat es?
beantwortet von: Amelie Dorn
Wie bist du zur (Forschungs-)Frage gekommen?
Diese Frage wurde uns vor einiger Zeit bei einem Wissenschaftsfestival gestellt. Sie ist insofern interessant, als dass Grußformeln, also die unterschiedlichen Arten und Weisen wie man sich begrüßen und verabschieden kann, viel Variation aufweisen, und das sowohl in der Standardsprache als auch im Dialekt. Dazu fiel mir auch gleich das Lied „Baba und foi ned“ von Wolfgang Ambros und Georg Danzer ein!
Welche Methode hast du gewählt? Wie bist du an die Frage herangegangen?
Um mir einen ersten, umfassenden Überblick zu möglichen Antworten zu verschaffen, habe ich zuerst gegoogelt. Da zeigte sich schon, dass diese Frage auf den unterschiedlichsten Webseiten und in diversen Foren viel diskutiert ist, und es genauso viele unterschiedliche Annahmen zur Herkunft des Grußes „Baba“ gibt. Daraufhin machte ich mich auf die Suche nach Quellen, die hoffentlich genauere Hinweise geben würden. So habe ich in historischen und aktuellen Wörterbüchern (online, gedruckt oder digitalisiert) nachgelesen. Diese Quellen umfassten unter anderem das Variantenwörterbuch des Deutschen, das Wörterbuch der Bairischen Mundarten in Österreich (WBÖ), sowie verschiedene Dialekt- bzw. Mundartwörterbücher mit Regionalbezug. Basierend auf einer möglichst breiten Grundlage an historischen, regionalen und aktuellen Quellen wollte ich nun der Frage auf den Grund gehen.
Woher kommt also das Wort Baba und welche Bedeutung(en) hat es?
Der Ursprung des Wortes, so kann man aus den diversen Quellen schließen, kommt wahrscheinlich aus der Kindersprache – darauf wird in der Mehrheit der Werke, in denen ich recherchiert habe, hingedeutet. Der Abschiedsgruß „Baba“ findet sich in der Literatur in unterschiedlichen Schreibweisen und Formen wieder, so etwa als „Ba“, „Baba“, „Bapa“ oder „Pa“. Auch in einigen slawischen Sprachen wie dem Polnischen oder Tschechischen ist der Gruß „Pa!“ oder „Pa! Pa!“, der mit einem harten „P“ ausgesprochen wird, nicht nur historisch belegt (cf. Jungmann 1837), sondern auch heutzutage eine gängige Verabschiedung zwischen Freunden. Ob Sprachkontakt in der Verbreitung des Wortes in Österreich eine Rolle spielte oder nicht, bleibt weiter zu erforschen.
Geht man dem möglichen Ursprung von „Baba“ in der Kindersprache im Deutschen nach, so wird dieses typischerweise auf der zweiten Silbe betont, also „Ba-ba“, und oft von einer winkenden Handbewegung begleitet, mit der Bedeutung „weggehen“ oder „fortgehen“. In einem der frühesten Belege, der vom Anfang des 19. Jahrhunderts stammt (Sonnleithner 1800, S.75), heißt es: „Ba, das Grußzeichen der Kinder, wozu sie gewöhnlich den Laut Lah! von sich geben. Mach an Ba! Grüße die Leute! Mein Ba an ihrn Herrn!“ Die Verwendung des Grußes wird in weiteren historischen Werken auch so beschrieben: „Ba auch Baba! das Grußzeichen der kleinen Kinder“ (Castelli 1847, S. 70), oder „Pa, pah, ein Gruß der Kinder“ (Loritza 1847, S. 96).
Heutzutage wird „Baba“ in der Umgangssprache in Österreich, und hier vor allem im Osten und in Wien, häufig als Ausdruck kindlichen und vertrauten Grüßens gebraucht (cf. Hornung & Grüner 2002, S. 105-106), und mittlerweile genauso auch zwischen erwachsenen befreundeten Personen (cf. Sedlaczek 2011a, 2011b). Jemanden, den man nicht gut kennt oder dem man in einer formellen Situation begegnet, würde man also eher nicht mit diesem Gruß verabschieden. Nur seinen „Spezis“ ruft man zum Abschied noch ein „Babatschi“ hinterher. Und ironisch Gestimmte haben Bekannte vielleicht schon einmal mit einem „baba und foi ned“ verabschiedet.
Als Abschiedsgruß ist „Baba“ heutzutage ein fester Bestandteil der österreichischen Alltagssprache, besonders im Osten des Landes, und nicht mehr wegzudenken, ist es doch auch in wichtigen Regelwerken der deutschen Sprache in Österreich wie etwa dem Österreichischen Wörterbuch und dem Variantenwörterbuch des Deutschen, verankert.
Quellen die ich bei meiner Recherche verwendet habe:
Ammon, U., Bickel, H. & Lenz A. N. (2016) Variantenwörterbuch des Deutschen – die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. Berlin, Boston.
„bäbä“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=B00008>, abgerufen am 27.06.2022.
Castelli, I.F. (1847). Wörterbuch der Mundart in Österreich unter der Enns etc. Wien: Tendler. S. 70. https://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ165638407 (Abrufdatum: 28.06.2022)
„baba“ auf Duden online. URL: https://www.duden.de/rechtschreibung/baba_Abschiedsgrusz (Abrufdatum: 28.06.2022)
Ebner, J. (1969). Duden – Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch der österreichischen Besonderheiten. Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien: Dudenverlag.
Heindl, G. (1972). Wien. Brevier einer Stadt. Wien: Neff. S. 118 ff. https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Gr%C3%BC%C3%9Fen (Abrufdatum: 28.06.2022)
Heinsius, T. (1840). Vollständiges Wörterbuch der deutschen Sprache. Wien. Band 1., S.231 http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ156289603 (Abrufdatum: 28.06.2022)
Hornung, M. & Grüner, S. (2002). Wörterbuch der Wiener Mundart. 2. Aufl. Wien: obv&hpt. S. 105-106.
Loritza, C. (1847). Neues Idioticon Viennense. S.96 https://vidi.acdh-dev.oeaw.ac.at/ (Abrufdatum: 28.06.2022)
Jungmann, J. (1837). Slovník česko-německý, Díl III., P–R. Praha. Vydání první. https://vokabular.ujc.cas.cz/moduly/slovniky/digitalni-kopie-detail/JgSlov03/strana-3/termin-UGE1 (Abrufdatum: 28.06.2022)
Österreichisches Wörterbuch. (2018). Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung. 43., überarbeitete Auflage. Österreichischer Bundesverlag Schulbuch, Wien.
Sedlaczek, R. (2011a). Wörterbuch des Wienerischen. Haymon Verlag.
Sedlaczek, R. (2011b). Wörterbuch der Alltagssprache Österreichs. Haymon Verlag.
Sonnleithner, J. (1800). Mundart der Oesterreicher oder Kern aller ächt österreichischen Phrasen und Redensarten. Wien. S.75. https://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ220434305 (Abrufdatum: 28.06.2022)
Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich (WBÖ) / Band 2. Verlag der Akademie der Wissenschaften, Wien, S.2-3.
Beantwortet hat diese Frage:
Amelie Dorn, BA. M.Phil. MA. PhD
Seit August 2020 als Postdoc Teil des Wiener SFB-Teilprojekts PP03. Forschungsschwerpunkt im Bereich Lexik. Sie ist außerdem Gastforscherin am Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage (ACDH-CH) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.