Woher kommt das Wort Topfen im Unterschied zu Quark?
beantwortet von: Agnes Kim
Wie bist du zu dieser Frage gekommen?
Die Frage nach der Herkunft der Wörter „Topfen“ und „Quark“ war eine von vielen Fragen, die 2018 im Rahmen der Langen Nacht der Forschung an unser Team gerichtet wurden. Die Antwort auf diese einfache Frage wird nicht nur die eigentliche Etymologie, also Wortherkunft, streifen. Vielmehr möchte ich zunächst auch die Frage danach beantworten, warum es interessant ist, die Wörter „Topfen“ und „Quark“ überhaupt zu vergleichen.
Das ist Ihnen klar und Sie möchten tatsächlich nur wissen, woher die Wörter kommen? Dann klicken sie → hier für den „Quark“ und → hier für den „Topfen“. Aber keine Sorge, weder hier noch dort erwartet Sie Topfen oder Quark im übertragenen Sinne.
Warum werden diese beiden Wörter einander gegenübergestellt?
Wenn Sie aus Österreich sind, kennen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Antwort auf diese Frage: Natürlich, die beiden Wörter bezeichnen dasselbe, nämlich weißen Käse, also diejenige Masse, die nach der Gerinnung der Milch bei Zugabe von Lab und nach Entfernung der Molke übrigbleibt. Diese kann nun entweder als solche gegessen werden und heißt dann entweder Speisetopfen oder Speisequark, oder sie wird zu anderen Käsesorten weiterverarbeitet.
In Deutschland und der Schweiz kommt dieses Produkt als „Quark“ auf den Markt. In Österreich wird es als „Topfen“ bezeichnet und ist sogar nach dem Protokoll Nr. 10 über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union geschützt. Das bedeutet eigentlich nichts anderes, als dass beim Beitritt Österreichs zur EU im Jahr 1995 festgelegt wurde, dass auch der Austriazismus, also die österreichische Bezeichnung korrekt ist und in Gesetzestexten verwendet werden darf.
Damit hängt auch der Grund zusammen, aus dem ich davon ausgehe, dass Österreicherinnen und Österreicher die eingangs gestellte Frage sofort beantworten können: Studien weisen darauf hin, dass neben anderen insbesondere das Wortpaar „Topfen–Quark“ in der öffentlichen Diskussion rund um Austriazismen immer wieder thematisiert wird. „Topfen“ und „Quark“ haben also in Österreich besondere Symbolkraft und können stellvertretend für die „eigene“ und die „fremde“ Variante des Deutschen stehen.
Doch handelt es sich beim „Topfen“ um einen sogenannten staatsräumlichen Austriazismus, also einen, der tatsächlich und ausschließlich im gesamten Österreich verwendet wird? Der entsprechende Artikel im Atlas der deutschen Alltagssprache sowie Korpusrecherchen (also Durchsuchung von Textsammlungen z. B. im Deutschen Referenzkorpus) ergeben das folgende Bild: „Topfen“ wird in ganz Österreich verwendet – also auch in Vorarlberg, in dem ja alemannische Dialekte gesprochen werden und das daher manchmal vom „bairischen Rest“ abweicht. Allerdings gibt es „Topfen“ auch im deutschen Bundesland Bayern, wo er jedoch rückläufig ist – so nennt man Wörter, die immer seltener benutzt werden. Dennoch wird der „Topfen“ in wichtigen Referenzwerken (z. B. dem Duden, DWDS und vor allem dem Variantenwörterbuch) auch in Bayern bzw. Südostdeutschland der Standardsprache zugerechnet.
Zur Herkunft des Wortes „Quark“
Und woher kommt nun das bundesdeutsche Wort „Quark“ ? Allgemein nimmt man an, dass es aus einer westslawischen Sprache, wahrscheinlich dem Niedersorbischen entlehnt wurde. Diese Etymologie wurde schon 1849 von niemand geringerem als Jacob Grimm vorgestellt und hat bis heute Ihre Gültigkeit behalten.
Topfen/Quark wird im Polnischen als twaróg, im Niedersorbischen als twarog, im Obersorbischen als twaroh und im Tschechischen als tvaroh bezeichnet. Diese Formen werden auf gemeinslawisch *tvarogъ zurückgeführt, obwohl sich erste Belege für die tschechische Form z. B. erst im 14. Jahrhundert finden. Im Deutschen ist das daraus entstandene Wort „Quark“ ebenfalls seit dem 14. Jahrhundert, also dem Spätmittelhochdeutschen als twarc, quarc oder zwarg belegt. Diese Formen deuten aber darauf hin, dass die Entlehnung etwas früher stattgefunden haben muss. Der Wandel der Konsonantengruppe tw- zu kw- im mitteldeutschen Raum bzw. zw- im oberdeutschen Raum wird nämlich ebenfalls auf das 14. Jahrhundert datiert. Das slawische g wurde allerdings schon im 12. Jahrhundert im Tschechischen und Obersorbischen zu h. Geht man davon aus, dass die Entlehnung nicht deutlich vor dem Erstbeleg stattfand, ist die ostmitteldeutsche Region deutlich wahrscheinlicher als der süddeutsche, bairische Raum.
Die Entwicklung vom gemeinslawischen *tvarogъ zum deutschen „Quark“ ist also gut nachvollziehbar. Worauf das Etymon – also die ursprüngliche Form, die Herkunftsform – selbst zurückgeführt werden kann, ist jedoch umstritten. Mehrere Erklärungen werden angeboten: